Henry Purcell: 10 Sonaten zu vier Stimmen + 12 Sonaten zu drei Stimmen

Purcell war Londoner und verbrachte sein ganzes Leben in dieser Stadt, einer der größten und betriebsamsten der damaligen Welt. London war nicht nur der Mittelpunkt von Hof und Parlament sondern auch das Industrie- und Handelszentrum. Wie so oft entfernten sich diese beiden Schwerpunkte allmählich geographisch voneinander; der Hof etablierte sich bei der alten Abtei, eine Meile westlich der City of Westminster. 1659 wurde Purcell in der Nähe der Abtei geboren und verbrachte sein ganzes allzu kurzes Leben nahezu in ihrem Schatten. Abgesehen von seiner späteren Arbeit für das Theater drehte sich sein Leben um die Abtei und das Schloß Whitehall. Von den Gebäuden des Schlosses blieb nach dem Brand von 1698 nur das Festhaus von Inigo Jones erhalten. Die Westminster Abbey jedoch blieb unversehrt. In ihr ist Purcell beigesetzt worden, und seine Gedenkstätte kann man heute noch besichtigen: "Hier ruht der edle Henry Purcell, welcher aus diesem Leben schied und in jenen heiligen Ort einging, an dem allein seine Harmonien übertroffen werden können. Obiit 21mo die Novembris Anno Aetatis suae 37mo Annoque Domini 1695" (Er starb am 21.November im Alter von 37 Jahren im Jahre des Herrn 1695).

Als Knabe gehörte er zum Chor der Chapel Royal, die normalerweise in der verhältnismäßig kleinen Kapelle des Whitehall Palace sang. Nach seinem Stimmbruch im Jahre 1673 kümmerte er sich um die Instrumente und stimmte auch die Orgel in der Westminster Abbey, wo er dann 1679 Organist wurde. Inzwischen war er auch zum Hofkomponisten ernannt worden: 1677 folgte er Matthew Locke nach dessen Tod in sein Amt. Als er 1682 auch noch einer der Organisten an der Chapel Royal wurde, hatte er sich als junger Mann von Anfang zwanzig bereits einen guten Ruf gesichert.

Zehn Sonaten zu vier Stimmen (Z.802-811, London, 1697)

Zu den faszinierendsten Manuskripten der British Library (add. 30930) gehört ein Notenbuch in der Handschrift von Henry Purcell. In einem Teil dieses Bandes befindet sich eine Sammlung geistlicher Musik, darunter das herrliche Werk Jehova, quam multi sunt hostes; dreht man das Buch um und liest es vom anderen Ende her, trifft man dort auf eine Reihe von Instrumentalmusikstücken. Am Anfang stehen die Fantazias; die vierstimmigen sind sorgfältig datiert (die meisten vom Juni 1680); Purcell schrieb sie also mit einundzwanzig Jahren. Diese Fantazias beweisen, wie meisterhaft er inzwischen den englischen Kompositionsstil beherrschte. Unter den darauffolgenden Stücken befinden sich die berühmte Chaconne in g-moll und eine Ouvertüre, die zeigt, daß Purcell sich auch den französischen Instrumentalstil zu eigen gemacht hatte. Eine Gruppe von Stücken mit den Hinweis "Here begineth ye 6, 7, & 8 part Fantazia's" schließt sich an; doch bedauerlicherweise ist keine achtstimmige Fantazia enthalten. Es folgen acht "Sonnata's"; Frühfassungen jener Sonaten, die unter dem Titel "10 Sonata's in Four Parts" erst im Jahre 1697 veröffentlicht wurden.

In der Zwischenzeit (1695) war Purcell gestorben. Ähnlich wie Constanze Mozart ging auch Purcells Frau Frances nach dem frühem Tod ihres Mannes daran, seine in ihrem Besitz befindlichen Kompositionen kommerziell zu verwerten, indem sie während der folgenden Jahre mehrere Sammlungen herausgab. Von einer schon 1683 veröffentlichten und mit nur mäßigem Erfolg verkauften Reihe von Triosonaten waren etliche übriggeblieben. Trotzdem organisierte Frances den Druck einer weiteren Sammlung.

Sir Anthony Van Dyck: Eine Dame aus der
Familie Spencer, ca. 1633/38, Öl auf Leinwand,
 207,6 x 127,6 cm, Tate Gallery
Üblicherweise enthielt eine solche Veröffentlichung sechs oder zwölf Werke; offenbar konnte Frances Purcell aber nur zehn finden. An einigen Stellen unterscheidet sich die Druckausgabe vom Manuskript; so wurden die Sonaten Nr.5 und Nr.6 aus anderen Quellen eingefügt; Henry Purcell hatte also möglicherweise die 1683 nicht veröffentlichten Trios für eine spätere Verwendung überarbeitet. Diese "neuen" Sonaten scheinen ursprünglich früher entstanden zu sein als die 1683 herausgebrachten, denn keine von ihnen war in dem besagten Manuskript enthalten, und die Ausgabe von 1697 zeigt nichts von dem mehrfachen Stilwandel, den Purcells Musik in der Zwischenzeit durchgemacht hatte.

Doch nicht nur Purcells Stil hatte sich gewandelt: in den etwa zehn Jahren zwischen der Veröffentlichung der Sonaten und der Ankunft Händels in England änderte sich die gesamte musikalische Sprache in ganz erheblichem Maße. Corellis Sonaten begründeten einen neuen Instrumentalstil, und Purcells Sonaten verschwanden aus dem Repertoire, obgleich sein guter Ruf als Komponist von Vokalwerken sich weiter festigte. Lediglich die Sonate Nr.9 erfreute sich weiterhin einiger Beliebtheit. 1704, als sie schon ihren Spitznamen "The Golden Sonata" hatte, und noch einmal 1707 erschien sie in einem Separatdruck; 1776 wurde sie ungekürzt in Sir John Hawkins' A General History of the Science and Practice of Music übernommen. Diese Sonate Nr.9 war bis weit ins 20.Jahrhundert hinein die einzige englische Triosonate aus dem 17. Jahrhundert, an die Musiker herankommen konnten. Obgleich zweifellos von guter Qualität, ist sie aus einem vielleicht ebenso negativen wie positiven Grunde so beliebt: stärker als die anderen Sonaten ist sie von unaufhörlichem Wohlklang geprägt.

Der Unterschied in den Titeln der Drucke von 1683 (Twelve Sonnata's of Three Parts) und 1697 besagt nichts; beide Ausgaben sind für zwei Violinen und Baß mit der Begleitung durch ein Tasteninstrument. Das Violoncello setzte sich in England nur langsam durch, so daß die Baßstimme wahrscheinlich eher auf der Baßgambe oder der Baßgeige als auf dem Violoncello gespielt wurde. Man weiß, daß Purcell einige seiner Trios mit Amateuren gespielt hat. So berichtet zum Beispiel Roger North, sein Bruder Francis, der Lordkanzler, habe "den göttlichen Purcell veranlaßt, seine im italienischen Stil geschriebenen Kompositionen mitzubringen; und mit ihm am Cembalo, mit mir und einem anderen Geiger führten wir sie mehr als einmal auf, worauf Mr. Purcell nicht wenig stolz war; und es war für einen Mann seines Ranges durchaus nicht üblich, sich in dieser Weise unterhalten zu lassen": Francis North spielte die Baßgambe, ein Instrument, das bei adligen Herren beliebter war als die Baßgeige oder das Violoncello. Andere Amateure kauften Kopien zu ihrem eigenen Vergnügen, um daraus mit ihren Bediensteten, Freunden oder Musiklehrern zu musizieren. Wahrscheinlich sind diese Stücke auch bei Hofe gespielt worden, obwohl man ihnen sicherlich nicht immer die gebührende Aufmerksamkeit entgegenbrachte, denn sie werden auch als Hintergrundmusik verwendet worden sein.

Diese Sonaten von Purcell stehen sowohl am Ende einer Tradition, welche mit der Kammermusik anfing, die Coprario und Gibbons für Charles I. komponierten, als auch am Beginn einer anderen, nämlich der Tradition der spätbarocken Triosonate, die in England von Corellis vier Sonatensammlungen (op. 1-4) beeinflußt wurde. Möglicherweise kannte Purcell Corellis op.1 (erste Veröffentlichung 1681), als er seine Sonaten komponierte. Doch der italienische Einfluß in seinen Sonaten stammt hauptsächlich von Komponisten aus der Generation vor Corelli. Bei der Ausgabe von 1697 fehlt das propagandistische Vorwort, das noch die Sammlung von 1683 zierte: "Eine genaue Nachahmung der berühmtesten italienischen Meister"; denn im Jahre 1697 war der italienische Stil nicht mehr die Ausnahme, sondern eine Selbstverständlichkeit.

CD 1, Track 26: Sonate Nr. 6 in g moll (Z.807)


TRACKLIST 

CD 1 75'00

Henry Purcell

"Ten Sonata's in Four Parts" (London, 1697)

Sonata no.1 in G minor / sol mineur / g-moll (Z.802)
01 Adagio 0'48
02 Canzona. Allegro 1'14
03 Largo 1'46
04 Vivace - Grave 1'51

Sonata no.2 in E flat major / Mi bémol majeur / Es-dur (Z.803)
05 Adagio 1'24
06 Canzona. Allegro 1'59
07 Adagio 1'29
08 Largo 1'04
09 Allegro 1'03

Sonata no.3 in A minor / la mineur / a-moll (Z.804)
10 Grave 1'25
11 Largo 1'28
12 Adagio 1'08
13 Canzona 1'20
14 [Allegro] 9/8 - Grave 1'41

Sonata no.4 in D minor / ré mineur / d-moll (Z.805)
15 Adagio 2'06
16 Canzona 1'25
17 Adagio 0'44
18 Vivace 1'37
19 Largo 1'24

Sonata no.5 in G minor / sol mineur / g-moll (Z.806)
20 [...] 1'31
21 Canzona 1'02
22 Largo 2'08
23 Adagio 0'37
24 Presto 0'24
25 Allegro - Adagio 1'45

Sonata no.6 in G minor / sol mineur / g-moll (Z.807)
26 Adagio (Ground on the bass of Lully's Scocca pur) 6'24

Sonata no.7 in C major / Do majeur / C-dur (Z.808)
27 Vivace 1'03
28 Largo 1'07
29 Grave 0'38
30 Canzona 1'29
31 Allegro 1'35
32 Adagio 0'50

Sonata no.8 in G minor / sol mineur / g-moll (Z.809)
33 Adagio 1'39
34 Canzona 1'12
35 Grave 0'28
36 Largo 3'00
37 Allegro 0'31

Sonata no.9 in F major / Fa majeur / F-dur (Z.8l0)
[The Golden Sonata]
38 [...] 0'57
39 Adagio 1'19
40 Canzona. Allegro 1'49
41 Grave 1'05
42 Allegro 1'21

Sonata no.10 in D major / Ré majeur / D-dur (Z.811)
43 Adagio 1'11
44 Canzona. Allegro 1'27
45 Grave 1'07
46 Largo 0'51
47 Allegro 0'48

Appendix. Sonata 7
48 Largo 0'58
49 Grave 0'35
50 Canzona 1'34

Appendix. Sonata 8
51 Grave 0'30
52 Largo 2'40

Sir John Everett Millais: Charles I and sein Sohn im
Atelier von Van Dyck, 1849, Öl auf Holz,
15,9 x 11,4 cm, Tate Gallery
Zwölf Triosonaten zu drei Stimmen (Z.790-801, London, 1683)

Daß Henry Purcells beruflicher Erfolg auch aufgrund seiner kompositorischen Leistungen gerechtfertigt war, zeigt seine erste Veröffentlichung, die ausschließlich eigene Werke enthielt: "Sonnata's of III Parts: Two Violins And a Basse: To the Organ or Harpsecord" (Sonaten zu drei Stimmen, zwei Violinen und Baß: zu Orgel oder Cembalo). Der Stimme der ersten Violine ist ein Kupferstich vorangestellt: "Vera effigies Henrici Purcell Aetat: suae 24" ("ein wahres Portrait von Henry Purcell im Alter von 24 Jahren"). Das Werk enthält eine Widmung an den König (Charles II.), sowie eine Einführung, die sehr wohl von Purcells eigenen Vorstellungen inspiriert worden sein könnte, obgleich sie in der dritten Person geschrieben ist. Der Hauptgedanke dieser Einführung ist das kühne Anliegen, den englischen Hörern Musik des neuen italienischen Stils nahezubringen: "Er hat sich ehrlich bemüht, die berühmtesten italienischen Komponisten auf das Getreueste nachzuahmen, in der Absicht, die Ernsthaftigkeit und den Wert dieser Art von Musik bei unseren Landsleuten bekannt und beliebt zu machen; es wird höchste Zeit, daß sie sich mit Abscheu von der Leichtfertigkeit und Balladendichterei unserer Nachbarn [Anm. d. Übers.: d.h. der Franzosen] abwenden."

1683 war italienische Musik als solche durchaus nichts Neues, auch nicht das, was wir heute als Triosonatenform bezeichnen. Die um 1620 als erste Sammlung für Streicherensemble in England veröffentlichten neun dreistimmigen Fantasies von Gibbons enthalten fünf solcher Beispiele. Der Druck enthält keine Stimme für Tasteninstrumente, doch lassen einige erhaltene Manuskripte vermuten, daß diese Stücke zuweilen mit Orgelbegleitung gespielt wurden. Spätere englische Komponisten haben wahrscheinlich sowohl für eine Violine und Baß als auch für zwei Violinen und Baß geschrieben, wogegen in Italien die Kombination mit zwei Violinen allgemein üblich war. Weniger einheitlich wurde der Baß gehandhabt. Wie bei den Stücken für Solovioline herrschte im 17. Jahrhundert fast durchgehend auch eine deutliche Trennung zwischen Sonaten für zwei Violinen und Continuo (in denen die für Laute oder Tasteninstrument vorgesehene Continuostimme im großen und ganzen weniger aktiv und thematisch orientiert war) und den Sonaten für zwei Violinen und Baß, die neben einer eigenständigen Baßstimme zusätzlich noch einen einfacher gehaltenen Continuopart enthielten. Purcells zweite Sonatensammlung trägt den Titel "Ten Sonata's in Four Parts" , doch die Instrumentation zeigt keine Unterschiede: beide Sammlungen enthalten getrennte Baßstimmen für Tasteninstrumente. [Anm. d. Übers.: diese zweite Sammlung erschien zwar erst 1697, nach Purcells Tod, ist aber gleichzeitig mit der ersten um 1680 entstanden.] Um 1680 diente das Violoncello in Italien fast ausnahmslos als Streichinstrument für die Baßstimme; in England jedoch blieb die Baßgambe das bevorzugte Baß-Instrument, vor allem auch bei den Amateuren.

Sir Anthony Van Dyck: Selbstporträt mit Sonnenblume, ca. 1632,
Öl auf Leinwand, 60 x 73 cm, Privatbesitz
Während Purcells kurzer Lebenszeit stand die englische Instrumentalmusik hauptsächlich unter französischem Einfluß. Das läßt sich an den Ouvertüren und Ritornellen zu den Anthems nachweisen, die der frühverstorbene Pelham Humfrey (1647-1674) für die Chapel Royal komponierte. Da Pepys ihn als "einen absoluten Monsieur" beschreibt, kann man vermuten, daß nicht allein seine Kompositionen sondern auch sein Lebensstil französisch beeinflußt waren. Doch war auch italienisches Notenmaterial im Umlauf. Eine ganze Menge war im Druck erschienen, adlige Italienbesucher (wie zum Beispiel der Chronist John Evelyn), ebenso wie durchreisende italienische Musiker, hatten Noten nach London mitgebracht. Wahrscheinlich hörte Purcell den Geigenvirtuosen Vincenzo Albrici bei dessen Konzert, das er Mitte der 1660er Jahre in Whitehall gab; um 1670 ließ sich der neapolitanische Geiger Nicola Matteis in London nieder. Giovanni Battista Draghi (1675 als "Meister der italienischen Musik für den König" erwähnt) und Pietro Reggio waren keine Geiger, doch könnten sie Purcell einen Zugang zu italienischer Musik und italienischen Stilen ebenso vermittelt haben wie die private Kapelle von Maria von Modena, der Gemahlin des späteren Königs James II. Im Jahr 1694 zitiert Purcell in seiner Überarbeitung der Introduction to the Skill of Music (Einführung in die Kunst der Musik) von John Playford aus einem Trio von Lelio Colista; dies stammt allerdings mit ziemlicher Sicherheit aus einer Sonate von Carlo Ambrogio Lonati, der möglicherweise in den 1680er Jahren London besuchte.

Wenn man auch im Jahre 1683 die italienische Machart dieser Sonaten als besonders neu und interessant empfand, so wird der heutige Hörer wahrscheinlich eher ihre typisch englischen Eigenschaften wahrnehmen. Besonders auffällig ist die Dichte ihrer kontrapunktischen Durchführung. Außer in den Expositionen der Fugen haben die einzelnen Instrumente bemerkenswert wenig Pausen, und doch sind die Stimmen in höchstem Maße thematisch miteinander verflochten. Diese Besonderheit hat ihre Wurzel in der fantasy der englischen Gambenmusik; Purcell selber hatte drei Jahre zuvor die letzten und kunstvollsten dieser Gattung komponiert. Die harmonische Durchführung enthält, obwohl sie einen über ihre Richtung nie im Unklaren läßt, eine gewisse "Pikanterie" [Anm. d. Übers.: Schärfung der Dissonanzen durch konsequente Stimmführung], welche die Komponisten auf dem europäischen Kontinent zumeist schon als altmodisch abgetan hatten. Heutzutage ist aber gerade sie von ganz besonderem Reiz.

Quelle: Clifford Bartlett (Übersetzung Ingeborg Neumann), im Booklet

CD 2, Track 12: Sonate Nr. 12 in D dur (Z.801)


TRACKLIST 

CD 2 70'32

Henry Purcell

"Twelve Sonatas of three parts" (London, 1683)

Chaque sonate commence par un mouvement sans titre [...]
Each sonata begins with an untitled movement
Jede Sonate beginnt mit einem Satz ohne Bezeichnung

Sonata no.1 in G minor / sol mineur / g-moll (Z.790)
01 [...] / Vivace / Adagio - Presto / Largo 6'08

Sonata no.2 in B flat major / Si bémol majeur / B-dur (Z.791)
02 [...] / Largo - Presto / Adagio - Vivace / Allegro 5'40

Sonata no.3 in D minor / ré mineur / d-moll (Z.792)
03 [...] / Adagio / Canzona - Adagio / Poco largo - Allegro 5'18

Sonata no.4 in F major / Fa majeur / F-dur (Z.793)
04 [...] / Canzona / Poco largo / Allegro 5'27

Sonata no.5 in A minor / la mineur / a-moll (Z.794)
05 [...] / Adagio / Largo / Grave - Canzona - Adagio 5'19

Sonata no.6 in C major / Do majeur / C-dur (Z.795)
06 [...] / Canzona / Largo / Allegro 6'32

Sonata no.7 in E minor / mi mineur / e-moll (Z.796)
07 [...] / Canzona / Largo / Grave / Vivace - Allegro 6'58

Sonata no.8 in G major / Sol majeur / G-dur (Z.797)
08 [...] / Poco largo - Allegro / Grave - Vivace - Allegro 5'15

Sonata no.9 in C minor / do mineur / c-moll (Z.798)
09 [...] / Largo / Canzona - Adagio / Allegro 7'13

Sonata no.10 in A major / La majeur / A-dur (Z.799)
10 [...] / Largo / Grave - Presto 4'40

Sonata no.11 in F minor / fa mineur / f-moll (Z.800)
11 [...] / Canzona / Adagio / Largo 5'25

Sonata no.12 in D major / Ré majeur / D-dur (Z.801)
12 [...] / Canzona / Poco largo / Grave - Presto / Allegro 5'12


London Baroque:
Ingrid Seifert - violon
Richard Gwilt - violon
Charles Medlam - viole de gambe
Richard Egarr - clavecin et orgue


Enregistrement octobre 1992 (CD 1), mars 1993 (CD 2)
Prise de son et direction artistique: Nicholas Parker
Montage: Adrian Hunter
Couverture: Van Dyck: A Lady of the Spencer Family (Tate Gallery)
® 1993, 2003

Maske und Improvisation

Die Geburt der europäischen Schauspielkunst

Jacques Callot: Die zwei Pantalons, 1616
Totus mundus agit histrionem, das ist: Alle Welt schauspielert, so verkündete die Inschrift über dem Eingang des Globe Theaters in London, der Bühne Shakespeares. Was die Klage der Moralisten war, war der Stolz der Komödianten. In der Welt des Barock, in der das schöne Scheinen zum Prinzip der Kunst und zum Gebot der Gesellschaft erhoben worden war, durften sie sich als die wahren Repräsentanten des Zeitgeists fühlen.

Der Schauspieler ist ein Geschöpf des Barock. Mehr als tausend Jahre lang hatte der mimische Trieb des Volkes geschlummert. Zwar wird uns schon im ausgehenden Mittelalter hier und dort von fahrenden Gauklern berichtet, die truppenweise auftraten und auf Jahrmärkten oder in Wirtshäusern auf roh gezimmerten Podien derbe Schwänke aufführten, und das Alter dieser wandernden Histrionen ist gar nicht abzusehen. Aber nun ist es, als ob die Grundwasser stiegen. Aus dem Dunkel der Geschichte und aus den Niederungen der Gesellschaft tauchen sie plötzlich herauf, wie auf geheime Verabredung, in ganz Europa vom Tajo bis zur Themse. Niemand weiß, woher sie stammen, sie sind auf einmal da, und sie vermehren sich in geometrischer Proportion. In England kennt man vor der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts keine Truppe, aus der zweiten Hälfte des Jahrhunderts sechsundfünfzig Truppen, und diese Zahl ist kaum vollständig. In Spanien will man im Jahre 1636 nicht weniger als dreihundert zählen.

Wie Nomaden ziehen sie von Ort zu Ort. Wenn eine Stadt abgegrast ist, wenden sie sich zu der nächsten, wo sie schon fieberhaft erwartet werden. Spanien ist binnen kurzem von ihnen überschwemmt. Die italienischen Truppen haben in zwei Jahrzehnten die ganze Halbinsel erobert und stoßen von dort über die Alpen vor. Sie erscheinen 1568 in München und in Wien, 1571 in Paris, wo sie die »Comédie Italienne« stiften, die sich ansässig macht, und ein Jahrhundert lang italienische Sprache und italienisches Stegreifspiel gegen die einheimische Konkurrenz verteidigen und sich noch ein weiteres Jahrhundert hindurch mit einem lustigen italienisch-französischen Kauderwelsch behaupten.

Von der entgegengesetzten Richtung strömen die englischen Komödianten, nachdem sich ein Teil in London festgesetzt und dort das Theater Shakespeares erzeugt hat, seit 1586 auf das Festland, durchziehen in großen Kreuz- und Querzügen Nordeuropa bis hinüber nach Riga und Warschau, spielen an den Höfen zu Wolfenbüttel und Kassel, auf den Messen zu Frankfurt und Köln und finden solchen Beifall, daß sie bald gar nicht mehr daran denken, in ihre Heimat zurückzukehren, sondern vielmehr in Deutschland bleiben, wo sie sich im Verlauf einer Generation akklimatisieren und in deutschen Truppen fortpflanzen. Es ist dabei bemerkenswert, wie selten sich die Wege der italienischen Banden aus dem Süden und der englischen aus dem Norden kreuzen. Die Engländer betreten nur ausnahmsweise katholischen, die Italiener nur ausnahmsweise protestantischen Boden. Aber diesseits und jenseits der Konfessionsgrenze ist ihr Leben und ihr Auftreten so ähnlich wie das der gleichen Tierart unter verschiedenen Himmeln.

Beispiellos ist die Faszination, die von ihnen ausgeht. Das Volk läuft ihnen nach, von einer Stadt in die andere, die Höfe bewerben, ja reißen sich um sie, und nur das gesittete Bürgertum verschließt sich ihnen mit einem Mißtrauen, hinter dem eine geheime Angst nicht zu verkennen ist. Kein Wunder, denn sie bringen eine neue Offenbarung: das Mimentum.

Claes Jansz Visscher: "Globe Theater",
Londinum florentissima Brittaniae urbs, 1626.
Was man bisher an Theater gekannt hatte, war ein Theater gleichsam ohne Schauspieler gewesen. Gewiß, es hatte seit dem Mittelalter Geistliche gegeben oder ehrbare Handwerker, die einmal im Jahr der Drang anwandelte, sich zu vermummen und fromme oder derbe Reime aufzusagen. Man hatte auch seit dem Humanismus in den Aulen der Schulen Gymnasiasten hören können, die mit ihrem Rhetoriklehrer eine lateinische Komödie einstudiert hatten, um vor den Freunden und Gönnern der Anstalt ihre Fortschritte in den Künsten der Deklamation und des Anstands zu zeigen. Es gab endlich seit der Renaissance überall in Italien Gesellschaften adeliger Dilettanten und bürgerlicher Künstler, die sich Akademien nannten und zu ihrer Unterhaltung miteinander ein klassisches oder modernes Stück »rezitierten«, wie man bezeichnenderweise sagte. Bei allen diesen verdienstlichen Bemühungen steht das Theater im Dienste des Worts und des Geists, und die mimische Interpretation ist auf das Minimum beschränkt, das unentbehrlich ist, um das Wort zu Gehör und die - meist bescheidene - Handlung zu Gesicht zu bringen.

Mit allen diesen Bestrebungen hat das Theater der neuen Mimen nichts gemein, noch weniger gemein als mit den kulturellen Ambitionen des bürgerlichen und domestizierten Theaters, wie wir es kennen. Ihre Arbeit unterschied sich davon durch die rücksichtslose Entfesselung aller histrionischen Mittel, wie sie nur Professionelle sich leisten können, die außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft stehen und bereit sind, deren Verachtung in Kauf zu nehmen.

Sie entschlagen sich bedenkenlos der berechtigten Hemmungen und der heiligsten Rücksichten. Sie haben keinerlei Respekt vor dem dichterischen Wort oder dem geistigen Gehalt. Sie verletzen - nein: sie martern Geschmack und Anstand. Sie sind ohne jede Einschränkung Schauspieler und nichts als Schauspieler. Wo ihr mimischer Vorteil auf dem Spiele steht, kennen sie keine Schonung. So sind sie in der Literaturgeschichte in Verruf geraten durch die Skrupellosigkeit, mit der sie geheiligte Texte mißhandelten wie die Dramen Shakespeares. Diese waren zwar auch aus dem Theater geboren, aber aus dem gebändigten Theater der stehenden Londoner Bühnen. Nun fallen sie dem entfesselten Theater der fahrenden Komödianten anheim, und »Hamlet« und »Romeo«, »Lear« und »Othello«, »Julius Caesar« und der »Kaufmann von Venedig« sind nicht wiederzuerkennen. Alle Poesie wird unbarmherzig geopfert, der Vers wird in Prosa aufgelöst, die Handlung reduziert auf die nackte Aktion. Diese aber wird wiederum expressiv gesteigert, die Effekte verdoppelt, Komik und Tragik verdickt, und die Tragödie verwandelt sich in die »Haupt- und Staatsaktion«. Nicht besser erging es Corneille und Calderón, Lope de Vega und Molière.

Aber was die Erniedrigung des Dichters und die Unterdrückung der Poesie war, war der Triumph des Theaters. Das Wort ist so nebensächlich, daß die Komödianten - ganz wie die italienischen Sänger in der Oper - in einer Sprache spielen können, die keiner ihrer Zuhörer versteht, und doch an Wirkung nichts einbüßen. Sie können auch der Sprache ganz entraten. Gerade das stumme Spiel, die Pantomime, ist ihre Stärke. Sie wissen noch der alltäglichsten Handlung ein Maximum an Spannung oder Ausdruck abzugewinnen. Wie der Dottore der italienischen Komödie seinen Hut zog oder wie Arlecchino Makkaroni aß, das war ein kleines Drama für sich, das den Zuschauern den Atem raubte.

Aber die Komödianten waren Schauspieler in einem nicht nur radikaleren, sondern auch universaleren Sinn, als uns bekannt ist. Sie verstehen sich nicht nur auf das Spiel der Gesten und Mienen: Sie sind glänzende Fechter, sie können hinreißend tanzen, neue Tänze von einer erschreckenden Wildheit wie die Sarabande. Sie singen zärtliche Romanzen, schaurige Balladen, freche Couplets. Sie begleiten sich dazu mit der Laute; hinter der Bühne erklingen ihre Geigen. Sie sind verwegene Artisten. Sie verstehen sich auf possierliche Sprünge und wirbelnde Pirouetten. Sie schlagen Purzelbäume, Räder, Saltos, sie gehen auf den Händen, auf Stelzen, auf dem Seil. Und so vereinigen sie in ihrer Person die Künste des Schauspiels und der Oper, des Balletts und des Zirkus.

Innenansicht des Swan Theaters. Kopie einer
 Zeichnung von Johannes de Witt, ca. 1596
Wie sie aussehen, das ist komisch und grausig zugleich. Ihre Gesichter lassen sich Verzerrungen gefallen und ihre Gliedmaßen Verrenkungen, die kaum mehr einem menschlichen Körper anzugehören scheinen. Ihre Stimmen krähen und kreischen, grunzen und rülpsen, schluchzen und jauchzen. Sie rollen die Augen und fletschen die Zähne und sind grell geschminkt.

Erschreckend müssen besonders die Schauspieler der italienischen Komödie ausgesehen haben mit ihren halb tierischen, halb teuflischen Masken, - und ihrem Anblick entspricht ihr Spiel: Es ist von einer ästhetischen und moralischen Bedenkenlosigkeit, wie sie noch niemand erlebt hat. Sie hätten Skrupel gehabt, eine feinere Geste zu wählen, solange es eine derbere gab. Sie lassen sich keinen Ausdruck entgehen, der das Publikum zum Schaudern oder zum Wiehern bringen kann. So, mit bizarrem Umriß und unanständiger Gebärde, hat der französische Kupferstecher Callot sie uns überliefert.

Auf dem Grenzrain zwischen dem Grausigen und dem Possenhaften, der dem anhebenden Barock überhaupt so teuer war, tummeln sie sich am liebsten. Aber es ist bemerkenswert, daß die Engländer und die Italiener auf verschiedenen Seiten dieser Grenze zu Hause sind. Das Repertoire der englischen Komödianten, auf dem sich die Dramen Shakespeares, Marlowes, Kyds und ihrer Nachahmer und Übertreiber befinden, bevorzugte die tragischen Stoffe. Sie waren daher stark im Pathetischen und im Pompösen, in der feierlichen Staatsszene und in der lärmenden Kampfszene. Sie waren berühmt für den Radau, den sie machten. Wenn im New Market Theatre in London Schlacht gespielt wurde, konnte man es - so berichtet Addison - noch am anderen Ende der Stadt hören. Aber ihre Schlachten wurden noch übertroffen durch das Spektakel ihrer Folterungen und Hinrichtungen. Im naturgetreuen und waidgerechten Abschlachten von Menschen galten sie für unerreicht. Dann türmten sich die herrenlosen Gliedmaßen, und die Bühne schwamm in Blut.

Im »Titus Andronicus« hat bekanntlich der düstere Greuel, der die elisabethanische Tragödie beherrscht, sich auch Shakespeares bemächtigt. Aber schwerlich hat er geahnt, wie das entfesselte Theater seine Anweisungen auslegen würde. Da sah man, wie der Wüterich eigenhändig seine Rache an zwei unschuldigen Kindlein vollzieht: »Jetzt kömpt einer, bringet ihm ein scharfes Scheermesser und Schlacht Tuch, er macht das Tuch umb, gleich als wenn er schlachten will.« Ein Gefäß wird gereicht, »der elteste Bruder wird erstlich herüber gehalten, er wil reden, aber sie halten jhm das Maul zu. Titus schneidet ihm die Gurgel halb ab. Das Blut rennet in das Gefäss, legen ihn, da das Blut ausgerennet, todt an die Erden.« Dann kommt der andere dran: »Helt jhm ebenso die Gurgel herüber. Er weigert sich hefftig zu Tode, wil reden, aber sie halten jhm das Maul zu. Titus schneidet jhm in die Gurgel, das Blut wird auffgefangen, darnach wird er todt an die Erden gelegt.« Es versteht sich, daß man das rote Blut dabei sprudeln sah, später sah der entsetzte Zuschauer, wie das Gehirn zu Pasteten verarbeitet und verspeist wurde. Besonders das Schlußbild, die »Discovery«, zu der sich auf der englischen Bühne der Hintergrund zu öffnen pflegte, zeigte gern die blutige Bilanz der Handlung. So sah man am Schluß der »Empress of Marocco« die nackten Körper der Opfer in gräßlichen Verrenkungen auf Gerüste geflochten. Ein reisender Franzose fand diesen Geschmack unmenschlich. In England und Deutschland war es dieses, was das Publikum verlangte. Daß einer auf der Bühne »lebendig geschmauchet worden, an händen und füssen mit grossen Ketten über ein Feur hangent, so naturel praesentiret worden ist« vermerkt ein Mann wie der Herzog Ferdinand Albrecht von Braunschweig mit allen Zeichen des Behagens.

Aufführung von Shakespeares "Titus Andronicus", 1594
Ein anderes Extrem kultivierten die Italiener. Hatten die Engländer das Tragische bis ins Blutrünstige getrieben, so steigerten die Italiener das Komische ins Obszöne. Harmlos noch ist die Komik ihrer akrobatischen Tricks, wie sie im Zirkusclown fortlebt. Harmlos auch noch sind die derben Prügeleien, in die mit einer gewissen Regelmäßigkeit jeder Akt ausklingt. In einem Punkt zeigen sie sogar eine bemerkenswerte Enthaltsamkeit: Die Gefräßigkeit ist zwar bei den Italienern wie überall eine Erbeigenschaft der komischen Personen. Aber die Betrunkenheit ist eine Quelle der Komik, die ein Monopol des nördlichen Europa zu sein scheint. Dies ist eine völkerpsychologische Eigentümlichkeit, die nicht nur im Volkstheater, ja überhaupt nicht nur in der Literatur zu beobachten ist. Man weiß, welche Sprudel der Komik in Shakespeares Saufszenen quellen. Man erinnert sich der saufenden und raufenden Bauern in den Schenken der holländischen Maler Ostade und Teniers, der üppigen Gelage des Jordaens, der trunkenen Silene des Rubens. Wer von dort kommt, wird sich wundern, im ganzen südlichen Bereich, auch unter den Schelmen des Velasquez, Murillos oder Caravaggios zwar Trinkern, aber nicht Betrunkenen zu begegnen. Selbst Frankreich scheint die pantagruelischen Bacchanale seiner Renaissance vergessen zu haben. Auf der spanischen und der italienischen Bühne aber ist die Trunkenheit das Privileg der Deutschen und die Flasche ihr Attribut. Nichts ist aufschlußreicher als eine Bühnenanweisung des Lope de Vega: »Zwei Hellebardiere treten auf, gekleidet als Deutsche, mit ihrer [!] Weinflasche.« Dies nur als Randbemerkung.

Es besteht dagegen kein Anlaß, die alkoholische Abstinenz der italienischen Komödianten als eine besondere Wohlerzogenheit auszulegen. Ihre Komik ist gemeiner als jeder Begriff, sie nährt sich aus der frechsten Durchbrechung aller Tabus der Gesittung. Sie beutet die trübe Sphäre der Verdauung und des Geschlechts skrupellos aus. Der italienische Zanni ist ohne Scham. Er verrichtet auf offener Bühne seine Notdurft und treibt seine Kurzweil damit. Klistiere und ihre Wirkungen sind eine unversiegliche Quelle von Späßen. Im Jahre 1716 geschah es im Theater am Kärntnertor zu Wien, daß im »Amphitryon« Merkur und Sosias vor den entsetzten Augen einer reisenden Engländerin, der Lady Montague, ihre Hosen herunterließen. Von den Körperteilen, mit denen die englische Dame dabei so unvermutet bekannt wurde, dürfte einer keinem Geringeren gehört haben als Stranitzky, dem berühmten Schöpfer des Hanswurst. Sie ahnte gewiß nicht, wie froh sie sein konnte, daß sie kaum genug Wienerisch konnte, um zu verstehen, was die beiden sonst miteinander von »Gackheisl« und »Nachtscherb'n« verhandelt haben mochten. Aber es entging ihr nicht, daß die beste Gesellschaft sich dabei vortrefflich unterhielt. Das ebenso beträchtliche erotische Interesse des Zanni beschränkt sich auf den animalischen Vorgang. Doch dafür verbieten sich die Beispiele.

Wenn wir solche Unterscheidungen zwischen den Komödianten aus dem Norden und denen aus dem Süden machen dürfen, so ist das nicht so zu verstehen, als ob dem englischen Clown das Unanständige fremd sei oder dem italienischen Zanni das Grausige. Die unwahrscheinliche Unfläterei der englischen Komödianten, die makabren Späße, die der Zanni mit der Leiche seines Herrn zu treiben vermag, belehren eines anderen.

Durch das Extreme und Exzentrische wirken die Komödianten auf ein Publikum, das nach Erregungen hungerte. überall drängt sich das Volk zu ihren Füßen und harrt für Stunden aus, obwohl es ihrer Sprache gar nicht mächtig ist. Aber es bedarf dessen auch nicht. Ihr exzentrisches Spiel stellt eine mittelbare Verständigung her unterhalb der sprachlichen Region im sogenannten Allgemein-Menschlichen, also: Tierischen. Das Volk spürt Blut von seinem Blut. Der Einbruch der wandernden Komödianten in die abendländische Gesellschaft ist der Aufstand des ein Jahrtausend lang unterdrücleten mimischen Urtriebs aus dem Schoße des Volkes.

Quelle: Richard Alewyn: Probleme und Gestalten. Essays. Insel Verlag, Frankfurt am Main, 1974, ISBN 3-458-05355-7. Seite 20 bis 27. Der Text, von dem hier nur das erste Drittel präsentiert wird, entstand 1937/38 und wurde 1952 unter dem Titel "Schauspieler und Stegreifbühne des Barock" erstmalig veröffentlicht.

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