Mozart: Die großen Violinsonaten (Henryk Szeryng, Ingrid Haebler)


Daß Wolfgang Amadeus Mozart ein brillanter Pianist war, ist allseits bekannt. Aber er beherrschte auch ausgezeichnet die Geige; ja er scheint zu ihr seit seiner Kindheit ein besonderes Verhältnis gepflegt zu haben. So berichtet Johann Andreas Schachtner, ein Freund der Familie, von einem denkwürdigen Ereignis: Der siebenjährige Mozart habe einmal unbedingt beim Streichtrio-Spiel mitwirken wollen; der Vater aber lehnte dies ab mit der Begründung, Mozart habe ja auf diesem Instrument noch keine einzige Unterrichtsstunde erhalten. Der Junge aber ließ nicht nach. »Endlich«, so Schachtner, der die zweite Geige spielte, »sagte Papa: 'Geig mit Herrn Schachtner, aber so stille, daß man dich nicht hört, sonst mußt du fort!' Dies geschah. Wolfgang geigte mit mir. Bald bemerkte ich mit Erstaunen, daß ich da ganz überflüssig sei. Ich legte still meine Geige weg und sah Herrn Papa an, dem bei dieser Szene die Tränen der Bewunderung und des Trostes über die Wangen rollten. Und so spielte er alle sechs Trios.«

Mit anderen Worten: Der Knabe hatte sich selbst die Grundlagen des Violinspiels beigebracht und war spontan in der Lage, sich mit der Geige in ein Ensemble einzubringen. Von Stund an übte er fleißig weiter, und schon der Siebenjährige schreibt seine ersten Violinsonaten. Die Geige war es dann ja auch, die ihm neben der Orgel seine erste feste Stelle als Kapellmeister in Salzburg einbrachte. Hört man Mozarts große Violinsonaten, sollte man im Hinterkopf behalten, daß er auf beiden Instrumenten - Geige und Klavier - sehr versiert war.

Seinen ersten, auf diesen DUO-CDs nicht eingespielten Sonaten, hört man das allerdings noch nicht an: Es handelt sich dabei mehr um Klaviersonaten mit begleitender Violine, stilistisch ohnehin mehr an den Vorbildern orientiert als etwa auf einen eigenen Tonfall bedacht. Aber das soll anders werden. Die ersten großen Violinsonaten entstehen auf einer Reise im Jahr 1777, diesmal nicht in Begleitung des Vaters, der in Salzburg bleiben muß, sondern der Mutter. Geplant ist eine Reise, die dem 21jährigen Erfolg, Ruhm und wenigstens halbwegs sichere Einkünfte einbringen soll. Tatsächlich aber erweist sie sich am Ende als eine Fahrt, die ihm einige der größten Rück- und Tiefschläge seines Lebens beschert - zugleich aber auch eine neue menschliche Tiefe und eine Reihe wichtiger künstlerischer Anregungen mit sich bringt.

Henri Matisse: Blauer Akt IV, 1952, Gouacheschnitt,
 103 x 74 cm, Nizza, Musée Henri Matisse
Von Salzburg, seiner bisherigen Wirkungsstätte, muß der nicht mehr ganz junge Musicus weg; die dortige Stelle als Konzertmeister und Organist unterfordert ihn bis an die Grenzen des Erträglichen, hinzu kommen Querelen mit seinem Dienstherrn. Also geht es auf große Tour: sich wieder einmal bekannt machen in der musikalischen Welt, sich umsehen, ob es nicht anderswo eine angemessene Stelle gebe. Mannheim und Paris, zwei Musikzentren mit europäischer Geltung, sind die Ziele.

Eine feste Anstellung ergibt sich aus dieser Reise dann zwar nicht; aber neben allerhand anderen Begegnungen und Anregungen erfährt der 21jährige auf dieser Fahrt in Mannheim die erste große - und schließlich enttäuschte - Liebe und in Paris den plötzlichen Tod der Mutter. Und er findet wohl auch unter dem Eindruck dieser Erlebnisse zu einem musikalischen Tonfall, der nun vollends stilistische Reife und expressive Tiefe verrät.
In den sieben Violinsonaten, die Mozart während 1778 komponiert, KV 296 und 301-306, erkennt man das zunächst schon an der neuen Machart: Die Geige ist jetzt dem Klavier nicht mehr untergeordnet, sondern ebenbürtig. Gewiß, noch immer gibt es Momente, in denen die Violine dem Klavier die Führung überläßt und selbst nur begleitet. Aber Mozarts neue Entdeckung ist grundsätzlich doch die Gleichberechtigung beider, die Möglichkeit, die Instrumente in einen Dialog treten zu lassen und aus dieser Kommunikation zweier gleichwertiger Partner, aus ihren Reibungen und Zusammenkünften, ihren Spannungen und Harmonisierungen musikalische Substanz zu gewinnen. Das wurde von den Zeitgenossen dann auch schnell als Besonderheit bemerkt; so schreibt ein Rezensent:

»Diese Sonaten sind die einzigen in ihrer Art. Reich an neuen Gedanken und Spuren des großen musicalischen Genies des Verfassers. […] Dabey ist das Accompagnement der Violine mit der Clavierpartie so künstlich verbunden, daß beide Instrumente in beständiger Aufmerksamkeit unterhalten werden; so daß diese Sonaten einen eben so fertigen Violin- als Klavierspieler erfordern.«

Henri Matisse: Stilleben mit Früchten und chinesischer Vase,
 1941, Feder, 52 x 40 cm, Paris, Musée National d'Art
 Moderne, Centre Georges Pompidou
Wie ernst Mozart die Gattung Violinsonate damals bereits nimmt, zeigt die Verschiedenartigkeit und Tiefe der Ausdrucksregionen, die er darin auslotet. Sie reichen von der phantasievollen Frische der Sonate C-dur KV 296 über die Originalität in KV 301 und 303 bis zur Erhabenheit in KV 302, von der Dramatik in KV 304 über die klassische Ausgewogenheit der Sonate KV 305 bis hin zur ausladenden Pracht des Werks KV 306. Keine Frage: Mozarts Erfindungsreichtum, sein Personalstil und die Ausdrucksfülle - sie haben auf dieser Reise auch und gerade hinsichtlich der Violinsonaten einen ersten Höhepunkt erreicht.

Als Mozart drei Jahre später, 1781, wieder an zwei Violinsonaten schreibt, hat sich seine Lebenssituation vollkommen geändert. Er ist aus dem verhaßten erzbischöflichen Dienst in Salzburg ausgeschieden und hat sich als einer der ersten freischaffenden Komponisten der Musikgeschichte in Wien niedergelassen. Es ist hinreichend bekannt, wie bescheiden das Auskommen, wie demütigend das Komponistenleben damals aussah. Und wie zerrissen Mozart war zwischen den Wünschen und der Realität, zwischen der Größe seiner Musik und der Kleinheit der alltäglichen Probleme. Es scheint, als wäre diese Zerrissenheit auch in die beiden Violinsonaten eingegangen. Beide stehen in derselben Tonart: F-dur. Aber sie sind im Charakter so grundverschieden, wie man es sich nur vorstellen kann. Auf der einen Seite steht die farbenfrohe Heiterkeit, die ungehinderte Ausgelassenheit der Sonate KV 376, auf der anderen Seite vergräbt sich das Werk KV 377 nach einem stürmischen Kopfsatz in einen schwermütigen Variationensatz und kann sich bis zum Schluß des Finales von dieser bedrückenden Stimmung nicht mehr recht erholen.

Quelle: Thomas Kahlcke: »Reich an neuen Gedanken«, Aus dem Booklet zu Volume 1

CD 1-1, Track 2: Mozart: Violinsonate C-Dur KV 296, II. Andante sostenuto


TRACKLIST

WOLFGANG AMADEUS MOZART (1756-1791)

DIE GROSSEN VIOLINSONATEN I

CD 1 [1.18'52"]

Sonata for Piano and Violin in C, KV 296
Sonate C-dur - en ut majeur
01 1. Allegro vivace 6'35"
02 2. Andante sostenuto 5'35"
03 3. Rondo. Allegro 4'34"

Sonata for Piano and Violin in G, KV 301
Sonate G-dur - en sol majeur
04 1. Allegro con spirito 8'01"
05 2. Allegro 5'08"

Sonata for Piano and Violin in E flat, KV 302
Sonate Es-dur - en mi bemol majeur
06 1. Allegro 5'34"
07 2. Rondo. Andante grazioso 6'40"

Sonata for Piano and Violin in C, KV 303
Sonate C-dur - en ut majeur
08 1. Adagio - Molto allegro 5'12"
09 2. Tempo di minuetto 4'30"

Sonata for Piano and Violin in E minor, KV 304
Sonate e-moll - en mi mineur
10 1. Allegro 6'42"
11 2. Tempo di minuetto 5'06"

12 12 Variations for Piano and Violin in G, KV 359 on
«La bergère Célimène» 14'15"
12 Variationen G-dur - 12 Variations en sol majeur
Thema. Allegretto - Variations I-XII


CD 2 [1.11'51"]

Sonata for Piano and Violin in A, KV 305
Sonate A-dur - en la majeur
01 1. Allegro di molto 4'40"
02 2. Tema [con variazioni): Tema - Variazioni I-VI 9'35"

Sonata for Piano and Violin in D, KV 306
Sonate D-dur - en re majeur
03 1. Allegro con spirito 7'39"
04 2. Andantino cantabile 7'15"
05 3. Allegretto 6'59"

Sonata for Piano and Violin in F, KV 376
Sonate F-dur - en fa majeur
06 1. Allegro 4'47"
07 2. Andante 4'58"
08 3. Rondo. Allegretto grazioso 6'00"

Sonata for Piano and Violin in F, KV 377
Sonate F-dur - en fa majeur
09 1. Allegro 4'29"
10 2. Tema. Andante [con variazioni): Tema - Variazioni I-VI 9'07"
11 3. Tempo di minuetto 5'38"


Ingrid Haebler piano - Klavier
Henryk Szeryng violin - Violine - violon

Recorded - Aufnahmen - Enregistrements:
Mozarteum. Salzburg. 9/1969 (KV 296, 304, 377); 1/1972 (KV 301, 305, 376);
5/1972 (KV 302); 9/1972 (KV 303, 359. 306)
(P) 1970, 1972, 1973

CD 1-2, Track 3: Mozart: Violinsonate D-Dur KV 306, I. Allegro con spirito


Henri Matisse: Ikarus, 1947, Illustration zu dem
Buch »Jazz«, Siebdruck nach Gouacheschnitt
»Hier haben wir nun die berühmte Mantuanerin Strinasacchi, eine sehr gute Violinspielerin; sie hat sehr viel Geschmack und Empfindung in ihrem Spiele. - Ich schreibe eben an einer Sonate, welche wir am Donnerstag im Theater bey ihrer Akademie zusammen spielen werden.« Das Werk für Violine und Klavier, von dem Mozart Ende April 1784 seinem Vater schreibt, ist die B-dur-Sonate KV 454. Die reisende Geigenvirtuosin Regina Strinasacchi aus Italien hat den Komponisten so beeindruckt, daß er prompt dieses Opus für sie schrieb. Ganz uneigennützig dürfte die Aktion aber nicht gewesen sein; schließlich wußte Mozart, daß sich unter dem verwöhnten Wiener Publikum bei dem angekündigten Konzert - sogar der Kaiser Joseph II. war dabei - genau die Klientel befand, auf die er angewiesen war. Denn als einer der ersten freischaffenden Komponisten der Musikgeschichte mußte Mozart immer seinen Namen im Gespräch halten, um potentielle Gönner, Auftraggeber, Schüler und Notenkäufer auf sich aufmerksam zu machen.

Aber allzu wichtig schien ihm dieser äußerliche Aspekt dann doch nicht gewesen zu sein. Denn als die Sonate schließlich in erlauchter Runde zur Uraufführung kam, hatte Mozart seinen Klavierpart noch längst nicht fertig komponiert: Er improvisierle ihn nach den groben Skizzen, ohne daß jemandem irgendetwas Unfertiges aufgefallen wäre - ein Beweis nicht nur für Mozarts Nervenstärke, Sündern auch für seine enormen spontanen Gestaltungsmöglichkeiten. Und noch etwas ist an diesem KV 454 ganz typisch für Mozart: Er verleiht der Sonate einerseits jenen virtuosen Glanz, der einer gefeierten Meistergeigerin würdig ist; aber zugleich gibt er dem Stück eine innere Aufrichtigkeit, Tiefe und Konzentration mit, die in einem solchen Ausgleich, in einer solchen Balance mit den äußeren Effekten eben nur Mozart möglich ist.

»Mozart und die Geige«: Das ist ein Thema, das das ganze Leben des Komponisten begleitete - zum einen hinsichtlich des eigenen Geigenspiels, das er sich bereits als Kind selbst und allein beigebracht hatte und das ihm später die Stelle als erster Geiger in Salzburg einbrachte, zum anderen mit Blick auf die Sonaten für Geige und Klavier, deren erste er als Siebenjähriger, deren letzte er drei Jahre vor seinem Tod verfaßte. Aber auch »Mozart und die Frauen« ist ein Thema, das im Zusammenhang mit diesen Sonaten immer wieder auftaucht - nicht nur bei der B-dur-Sonate, die von der reisenden Virtuosin inspiriert wurde, sondern auch bei den drei Sonaten KV 378-380.

Henri Matisse: Der Zirkus, 1947, Illustration zu dem Buch »Jazz«,
Siebdruck nach Gouacheschnitt
Diese Werke nämlich sind gemeinsam mit drei weiteren einer jungen Dame namens Josepha von Auernhammer gewidmet, einer Klavierschülerin Mozarts. Allerdings greift hier nicht die schon zu seinen Lebzeiten in Umlauf gebrachte und immer wieder gerne kolportierte Behauptung, Mozart habe sich grundsätzlich in seine - vielen - Schülerinnen verliebt: Mozart konnte nämlich das Fräulein persönlich durchaus nicht ausstehen (Zitat: "die freulle ist ein scheusal! - spiellt aber zum entzücken"). Nein, Widmungen folgen in jener Zeit, die den freien Künstler gerade erst entdeckt, in der Regel geschäftlichen Interessen: Ein üppiges Geschenk und eine Erhöhung des Lehrer-Salärs dürfte sich Mozart nicht zu Unrecht von der großzügigen Widmung versprochen haben.

Was schon die Zeitgenossen an diesen Sonaten besonders beeindruckt hat, ist neben ihrer inhaltlichen und formalen Inspirationsfülle die Tatsache, daß Mozart hier die Geige und das Klavier gleichberechtigt behandelt. Das war keineswegs selbstverständlich; denn üblicherweise handelte es sich um Klaviersonaten mit begleitender Violine, um Stücke also, bei denen das Tasteninstrument im Mittelpunkt stand und die Violine ihm untergeordnet war. Aber Mozart gelingt es, die kleine Gattung der Klavier-Violin-Sonate auf ein ganz neues Niveau zu hieven. Die Möglichkeiten gleichberechtigter Instrumentalpartner ist dafür die Voraussetzung; denn erst aus der Kommunikation ebenbürtiger Individuen lassen sich die Spannungen und Auseinandersetzungen, die geistigen Höhenflüge und emotionalen Tiefendimensionen entwickeln, die Mozarts reife Sonaten ausmachen.

Henri Matisse: Polynesien - das Meer, 1946, Gouacheschnitt, 200 x 314 cm,
 Paris, Musée National d'Art Moderne, Centre Georges Pompidou
Um so erstaunlicher, daß die Sonate KV 481 vom Dezember 1785 über weite Strecken tatsächlich genau das ist, was ihre Originalbezeichnung sagt: eine "Klavier Sonate mit Begleitung einer Violin" - also das, was Mozart in den Vorgängerwerken mit ihrer annähernden Gleichberechtigung beider Instrumente eigentlich überwunden zu haben scheint. Musikwissenschaftler, die eine geradlinige Entwicklung erwarten, suchten verzweifelt nach einem Grund für diesen Rückschritt. Und sie haben ihn in dem vergleichsweise profanen Umstand gefunden, daß Mozart damals ganz offensichtlich wieder mal einen akuten finanziellen Engpaß zu überwinden hatte - und Sonaten konventionellerer Machart ließen sich einfach besser verkaufen. Aber erstens sagt die streckenweise traditionelle Stimmenverteilung noch nichts über die musikalische Qualität aus; und zweitens steckt noch eine Überraschung in dem Stück: Der Mittelsatz, das Variationen-Adagio, ist so dicht gefügt, tief empfunden und originell entwickelt wie überhaupt nur wenige langsame Sätze bei Mozart.

Der Höhepunkt Mozartscher Violinsonaten wird üblicherweise im KV 526 gesehen. Dafür gibt es - auch wenn man über die Entstehungsbedingungen schlichtweg gar nichts weiß - gute Gründe: Nie zuvor sind brillante Virtuosität und kompositorische Ausarbeitung im Detail eine so ideale Symbiose eingegangen, nie zuvor sind innere Formgebung und äußere Wirkung in eine so ausgewogene Balance gebracht worden. Außerdem ist die Emanzipation der Geige gegenüber dem Klavier jetzt erstmals in allen Sätzen so weit vorangeschritten, daß sich aus der Kombination beider Instrumente das ganze musikalische Geschehen entwickelt. Mozart scheint es nun endgültig geschafft zu haben, die Gattung Violinsonate aus den Niederungen einer Musik entweder für laienhafte Dilettanten oder für veräußerlichte Virtuosen auf ein persönlich verbindliches, emotional intensives, kompositorisch und für die Interpreten gestalterisch zutiefst anspruchsvolles Niveau zu bringen.

Aber bevor die Fachwelt mit dem hegeisterten Publikum unisono in Jubel ausbrechen konnte, hat Mozart - immer für eine Überraschung gut - noch die F-dur-Sonate KV 547 hinterhergeschoben. Sie ist nichts anderes als das, was ihr Untertitel besagt: "Eine kleine Klavier Sonate für Anfänger mit einer Violin".

Quelle: Thomas Kahlcke: »Virtuoser Glanz und innere Aufrichtigkeit«, Aus dem Booklet zu Volume 2

CD 2-1, Track 9: Mozart: Violinsonate B-Dur KV 454, I. Largo - Allegro


TRACKLIST

WOLFGANG AMADEUS MOZART (1756-1791)

DIE GROSSEN VIOLINSONATEN II


CD 1 [1.17'43"]

Sonata in B flat, KV 378
B-dur - en si bémol majeur
01 1. Allegro moderato 8'56"
02 2. Andantino sostenuto e cantabile 5'51"
03 3. Rondeau. Allegro 4'15"

Sonata in G, KV 379
G-dur - en sol majeur
04 1. Adagio - Allegro 8'10"
05 2. Tema [con variazioni] Tema - Variazioni I-V - Tema 9'12"

Sonata in E flat, KV 380
Es-dur - en mi bémol majeur
06 I. Allegro 6'39"
07 2. Andante con moto 7'31"
08 3. Rondeau. Allegro 4'23"

Sonata in B flat, KV 454
B-dur - en si bémol majeur
09 1. Largo - Allegro 7'30"
10 2. Andante 7'40"
11 3. Allegretto 6'47"


CD 2 [1.16'44"]

Sonata in E flat, KV 481
Es-dur - en mi bémol majeur
01 1. Molto allegro 7'15"
02 2. Adagio 7'12"
03 3. Allegretto [con variazioni] 8'12"

Sonata in A, KV 526
A-dur - en la majeur
04 1. Allegro molto 6'42"
05 2. Andante 10'52"
06 3. Presto 7'06"

Sonata in F, KV 547 "for beginners"
F-dur "für Anfänger" - en fa majeur "pour les débutants"
07 1. Andante cantabile 4'03"
08 2. Allegro 6'30"
09 3. Andante con variazioni 7'32"

Six Variations in G minor, KV 360 on "Hélas, j'ai perdu mon amant"
Sechs Variationen g-moll - Six Variations en sol mineur
10 Tema - Variazioni I-VI 10'33"


Ingrid Haebler piano - Klavier
Henryk Szeryng violin - Violine - violon

Recorded - Aufnahmen - Enregistrements:
Mozarteum. Salzburg. 9/1969 (KV 378, 454, 481, 526); 1/1972 (KV 379);
5/1972 (KV 360, 380. 547)
(P) 1970, 1972, 1973

CD 2-2, Track 6: Mozart: Violinsonate A-Dur KV 526, III. Presto


Henri Matisse: Ein zweites Leben



Werke der Gnade (1941-1954)

Henri Matisse: Jupiter und Leda, 1944-1946, Triptychon,
Öl auf Holz, 183 x 160 cm Paris, Sammlung Maeght
Ein »zweites Leben« war Matisse 1941 geschenkt worden. Er hatte nicht mehr ruhig arbeiten können. Sein Darmleiden hatte sich verschlimmert. Camoin und seine Tochter Marguerite Duthuit ermutigten ihn, sich behandeln zu lassen. Er wurde nach Lyon überwiesen, wo er von Professor Leriche operiert wurde. Fast drei Monate blieb er in der Klinik, danach zwei Monate mit Grippe im Hotel. Es war fast ein Wunder, daß er die Operation an einem Zwölffingerdarmkrebs und die beiden nachfolgenden Lungenembolien überstand.

Nach seiner Rückkehr wohnte Matisse wieder im Gebäude des Hotels Régina auf den Anhöhen von Cimiez, wohin er Ende 1938 gezogen war, da ihm sein Arzt empfohlen hatte, sich von der Meeresluft fernzuhalten. Nach einem Luftangriff auf Cimiez zog er 1943 in die Villa »Le Reve« nach Vence. Von 1941 bis 1944 war er häufig bettlägerig. Er mußte wegen eines Eingeweidebruchs einen Eisengürtel tragen, der ihn daran hinderte, lange aufrecht zu stehen. Sicherlich bedingt durch seinen Gesundheitszustand, entstanden zu der Zeit vor allem kleinformatige Arbeiten, Illustrationen für Bücher. Ob bei der »Florilège des Amours« von Pierre de Ronsard, bei der »Pasiphaé« von Henry de Montherlant oder bei den »Poèmes« von Charles d'Orléans, immer ging es ihm darum, die illustrierte Seite mit der beschriebenen Seite in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen.

Bereits 1939 hatte Matisse häufig den griechischen Verleger Emmanuel Tériade, der die Zeitschrift »Verve« herausgab, besucht und in dessen Redaktionszimmer aus Katalogblättern verschiedene Sorten von Druckerschwärzen herausgeschnitten. Die Papierschnitte ergaben den Umschlag der Nummer VIII der Zeitschrift. Tériade hätte gern ein Buch mit den Papierschnitten gemacht. Aber erst 1943 erklärte sich Matisse dazu bereit. Schon 1944 waren die zwanzig Bilder für das Buch fertig, das den Titel» Jazz« tragen sollte. An die Stelle der Druckerschwärze war Deckfarbe getreten, die auf auszuschneidenden Blätter aufgetragen wurde. Aufgrund der Schwierigkeit, die Bilder angemessen zu reproduzieren, erschien das Buch erst 1947.

Henri Matisse: Rotes Interieur, Stilleben auf blauem Tisch,
 1947, Öl auf Leinwand, 116 x 89 cm,
Düsseldorf, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen
Die Wahl des Titels »Jazz« wird verständlich, wen man ihn nicht auf den Inhalt bezieht, sondern auf die Form der Darstellung. Matisse erklärte: »Im echten Jazz gibt es ausgezeichnele Dinge, die Gabe der Improvisation, des Lebens, der Harmonie mit der Zuhörerschaft.« Das Buch rückt in die Nähe einer naiven, volkstümlichen und spontanen Kunst, die ihre Anregungen aus Volksmärchen und Zirkusvorstellungen, aber auch von Reiseerlebnissen herleitet. Während die Bilder aus der Zirkuswelt vielfach eckige Former zeigen, werden bei den »Lagunen« die Formen verflüssigt. Aus den Sternen des »Ikarus« werden Algen.

Die bildnerischen Lösungen, die Matisse mit »Jazz« im kleinen Format des Buches gefunden hatte, konnten sich in den großen Kompositionen von »Polynesien - der Himmel« und »Polynesien - das Meer« frei entfalten. Die Papierschnitte waren 1946 als Vorlagen für dekorative Wandteppiche entstanden, die in der Gobelinmanufaktur in Beauvais gewebt wurden. Vor den Grund aus helleren und dunkleren blauen Feldern treten bald mehrdeutige, arabeskenhafte, kurvenförmige, in einem Zug gerissene Formen, die alle weiß sind. Meer und Himmel scheinen sich zu durchdringen. Pflanzen, Fische und Vögel mischen sich.

Die entspannte Heiterkeit seiner Bildwelt entfaltete Matisse trotz der bedrückenden Wirklichkeit der Kriegsjahre, die ihn nicht unberührt ließen. Mit erstaunlicher Gelassenheit schrieb er 1944 an Marquet: »Meine ganze Familie ist bei bester Gesundheit. Ich habe heute ein Telegramm aus New York erhalten: Kindern und Enkeln geht es gut. Im April sind jedoch Madame Matisse und Marguerite von der Gestapo verhaftet worden. Madame Matisse ist drei Monate lang im Gefängnis von Fresnes gewesen und dann zu drei weiteren Monaten verurteilt worden. Sie hat das mutig ertragen. Marguerite war bis August in Rennes in Einzelhaft und wurde dann nach Belfort gebracht, von wo sie nach einigen Wochen im Gebirge nach Paris zurückgekommen ist.«

Henri Matisse: Großes rotes Interieur, 1948, Öl auf
Leinwand, 146 x 97 cm, Paris, Musée National
d'Art Moderne, Centre Georges Pompidou
Der Gesundheitszustand von Matisse verbesserte sich so weit, daß er sogar die Ölmalerei wieder aufnahm. 1944 erhielt er von dem in Paris residierenden argentinischen Diplomaten Enchorrena den Auftrag, eine Doppeltür zu gestalten, die in dessen Wohnung vom Schlaf- zum Badezimmer führte. Matisse wählte zunächst das idyllische Thema der im Schlaf von einem Faun beobachteten Nymphe. Aber weder Thema noch Komposition befriedigten den Künstler. Die Arbeit wurde zur Qual und stockte. Auf Drängen des Auftraggebers nahm er einen erneuten Anlauf. Er wechselte das Thema und gelangte zum Erfolg. Das mythologische Thema »Jupiter und Leda« ist von allem Erzählerischen befreit. Jupiter, der dem Mythos nach Leda in Gestalt eines Schwans begattete, erscheint ausschnitthaft in der oberen Bildzone. Mit seinem arabeskenförmig geschwungenen Hals erreicht sein Kopf über eine schwarze Kluft hinweg den der Leda, die sich abwendet. Der monumentale weibliche Akt ist mit sparsamen Linien blockhaft gestaltet. Die betont klare und reduzierte Formgebung erreicht die Qualität des Heroischen und gibt dem Mythos seine Würde zurück. Rechts und links rahmen rote Flächen, in die Blattformen eingeschrieben sind, die Darstellung und rücken sie auf die Distanz einer Erscheinung.

In einer Reihe von Interieurs aus den Jahren 1946 bis 1948 erreicht die Farbe noch einmal ein Höchstmaß an Intensität: »Rotes Interieur, Stilleben auf blauem Tisch«, »Großes rotes Interieur« und »Der ägyptische Vorhang«. Gemeinsam ist ihnen ihr Kontrastreichtum: innen und außen, hell und dunkel, Stilleben und Landschaft, Gerade und Kurvenlinien, Kahlheit und Überfülle. Es gelingt Matisse, alle Elemente eines Bildes wie selbstverständlich auf die gleiche Ebene zu zwingen. Die absolute Gleichwertigkeit von Zeichnung und Farbe ist erreicht.

Beim »Roten Interieur, Stilleben auf blauem Tisch« ist wie bei den übrigen Interieurs das Bildmotiv nahezu alltäglich, ohne Aufmerksamkeit weckende Besonderheit. Es zeigt ein Zimmer mit einem Medaillon an der Wand. Ein runder Tisch mit Früchten und Blumenvase ist in die Nähe der geöffneten Verandatür gerückt, die den Blick auf den Garten freigibt. Seine intensive Ausstrahlung erlangt das Bild durch Dekor und Farbigkeit. In weiser Ökonomie hat sich der Maler auf wenige Farbtöne beschränkt: Gelb, Rot, Blau und Grün. Denn Matisse ist der Ansicht: »Eine Lawine von Farben bleibt ohne Kraft. Die Farbe erlangt nur ihre volle Ausdrucksstärke, wenn sie organisiert ist und ihr Intensitätsgrad der Emotion des Künstlers entspricht.«

Henri Matisse: Der ägyptische Vorhang, 1948, Öl auf
 Leinwand, 116,2 x 88,9 cm, Washington, Phillips Collection
Diese Entsprechung stellt sich bei dem Interieur wie von selbst ein. Als Dekor für die roten Wände und den roten Boden hat Matisse schwarze Zickzacklinien gewählt. Das Muster ist ebenso wichtig für die Belebung der Flächen wie für die räumliche Wirkung des Bildes. Die schwarzen Linien drängen das Rot auf dieselbe Ebene wie die übrigen Farben zurück. Die Räumlichkeit des Motivs bleibt leicht vorstellbar, ist aber im Bild zugunsten von Farbflächen zurückgenommen. Alle Gegenstände wirken entmaterialisiert. Es ist, als habe sich Matisse die Erfahrung im Komponieren mit ausgeschnittenen Farbpapieren auch für seine gemalten Bilder zunutze gemacht. Das Bild strahlt in der ausgeglichenen Verteilung seiner leuchtenden Farben heitere Harmonie und ungebrochene Lebensfreude aus.

An der Wand des »Großen roten Interieurs« künden nebeneinander ein Gemälde und eine Tuschzeichnung, die beide ein Interieur darstellen, von der vollständigen Gleichwertigkeit der beiden Sprachen. Farben und Linien durchsetzen im lockeren Wechsel den roten Grundton des Bildes. Matisse schuf parallel zu seinen späten Gemälden eine Reihe von Tuschzeichnungen, die den gleichnamigen Bildern entsprechen.

Als das letzte bedeutende Gemälde des Künstler gilt »Der ägyptische Vorhang«, mit dem er noch einmal eines seiner Lieblingsthemen aufgreift, das Fensterbild. Hinter dem Fensterkreuz bricht die Krone einer Palme wie eine wahres Feuerwerk auseinander. Unter dem Fenster ist auf einem Tischchen ein Früchtestilleben arrangiert, eine weitere bevorzugte Bildgattung des Malers. Aber seine Begeisterung für Stoffe mit ausgeprägten Mustern, die sich in dem ägyptischen Vorhang kundtut, verhalf dem Bild zu seinem Titel. Wie schon bei früheren Bildern dient die auffallende Verwendung von Schwarz nicht der Darstellung von Dunkelheit, sondern des Lichts. Das Licht wird von dem Schwarz nicht geschluckt, sondern reflektiert. Zugleich erstrahlen die übrigen Farben in ihrer Helligkeit um so intensiver. Der Leinwandgrund, der an manchen Stellen durchscheint oder ganz offen bleibt, ist in die Gestaltung einbezogen, so daß eine enge Verbindung von Bild und Grund entsteht. Der ständige Wechsel von Positiv- und Negativform schafft eine schwerelose Verzahnung von räumlicher Tiefe und Flächenhaftigkeit.

Henri Matisse: Innenansicht der Rosenkranz-Kapelle in Vence, 1950.
Links: Lebensbaum, Glasmalerei. Rechts: Der hl. Dominikus, Keramik
Mehrere Jahre widmete sich Matisse fast ausschließlich einer einzigen Aufgabe, der Chapelle du Rosaire in Vence. Er nahm die Arbeit an der Rosenkranzkapelle aufgrund seiner freundschaftlichen Gefühle für die Schwester Monique Bougeois in Angriff, die 1942/43 seine Krankenschwester in Nizza war. Sie hatte auch an der Ausarbeitung der Papierschnitte und der Entstehung von »Jazz« teilgenommen. Als Schwester Jacques-Marie kehrte sie 1946 nach Vence in das Foyer Lacordaire zurück, das von Dominikanerinnen geleitet wird, und nahm wieder mit Matisse Kontakt auf. Als sie den Plan entwarf, für den Schuppen, der den Schwestern als Kapelle diente, Glasmalereien anfertigen zu lassen, fragte sie Matisse um Rat. Ihr Eifer sprang über, und Matisse beschloß, die Glasmalereien selbst auszuführen, die Ausstattung zu entwerfen und das dazugehörige Gebäude zu bauen. Für Matisse war von Anfang an klar, daß das Licht eine entscheidende Rolle spielen sollte. Zeichnung und Farbe sollten in der Form des Leidensweges und der Glasmalereien aufeinanderstoßen. Er schlug vor, den Leidensweg als Strichzeichnung in Terrakotta auszuführen. Zu den Glasmalereien erklärte er beim Durchblättern von »Jazz«: »Das sind Glasmalereifarben. Ict schneide diese Gouachepapiere aus, wie man Glas ausschneidet; nur daß sie hier das Licht widerspiegeln sollen, während sie bei der Glasmalerei lichtdurchlässig sein müssen.«

Matisse begeisterte sich für die Kapelle wegen der Glasmalereien, mit denen er begann, die er aber zuletzt vollendete. Die Entwürfe entstanden aus farbigen Papierschnitten. Erst nach langen Überlegungen stand das Thema fest, die Stelle aus der »Offenbarung Johannis«: »Mitten auf ihrer Gasse auf beiden Seiten des Stromes stund Holz des Lebens, das trug zwölfmal Früchte, und brachte seine Früchte alle Monate; und die Blätter des Holzes dieneten der Gesundheit der Heiden.« Gemeint ist der Lebensbaum als Sinnbild des Goldenen Zeitalters. Das Glasfenster ist aufgeteilt in schmale hohe Streifen mit halbkreisförmigem Abschluß. Die Wandstreifen dazwischen wirken wie Kolonnaden. Die schaufelförmigen Blätter des Lebensbaumes sind so angeordnet, daß sie beiderseits aus den schmalen Flächen der Wand hervorzutreiben scheinen. Die Wandstreifen spielen die Rolle von Stengeln. Die Zierblumen, die sich abwechselnd oben und unten berühren, bilden kontinuierliche horizontale Wellen, die mal gelb, mal blau sind. Die Welle ist Symbol der Ewigkeit. Bei dem Fenster neben dem Altar sind Philodendronformen in strahlendem Gelb auf einem Grund in Blau und Grün verteilt. Das Motiv des Lebensbaumes bedeckt nicht die ganze Fläche, sondern zieht sich in Gegenschwüngen aus den Rundbögen zurück, als ob es auf einem durchhängenden, nur an den Ecken befestigten Tuch dargestellt wäre. Die Glasmalereien wirken wie Stoffe, die vor die Fenster gespannt sind.

Der Schmuck der anderen Wände ist schriftartig in Schwarz und Weiß behandelt. Drei Keramiktafeln, die aus großen, weiß emaillierten Kacheln bestehen und fadenförmige schwarze Pinselzeichnungen tragen, zeigen den Leidensweg Christi, die Jungfrau Maria mit dem Kinde und den heiligen Dominikus. Ihre Darstellung ist auf das unbedingt Notwendige reduziert: auf Zeichen. Maria steht wie eine Blume zwischen Blütenformen. Das Wort »Ave« ist ihr beigegeben. Der Ordensgründer Dominikus erweckt mit den starren Falten seines Gewandes den Eindruck eines Baumstammes, aus dem der Arm mit dem Buch herauswächst. Während die Darstellung der Maria und des Dominikus eher statisch ist, zeigt der Leidensweg eine größere Dynamik. Er war für Matisse die schwierigste Tafel, da sein Inhalt im Widerspruch zu seiner eigenen Lebensauffassung steht. Am 25. Juni 1951, nach vier Jahren Arbeit, wurde die Kapelle durch den Bischof von Nizza eingeweiht. Sie nimmt einen wichtigen Platz im Entwicklungsweg des Malers ein. Er sah in ihr »das Ebenbild eines großen offenen Buches«.

Der Streit, ob die Kunst gegenständlich oder ungegenständlich sein solle, der nach dem Zweiten Weltkrieg heftig entbrannte, entging Matisse bei seinen Besuchen in Paris nicht. Er spürte, daß ihm nicht mehr viel Zeit blieb, sein Lebenswerk zu vollenden, und fürchtete die Irritation, war aber nicht unempfänglich für die in jenen Jahren dominierende Abstraktion. 1947 schrieb er: »Seit meiner Rückkehr aus Paris mache ich eine Art Bewußtseinskrise durch, und es ist nicht ausgeschlossen, daß in meiner Arbeit eine bedeutende Umwälzung eintreten wird. Ich empfinde die Notwendigkeit, mich von allen Zwängen, allen theoretischen Ideen zu entfernen, um mich vollkommen auszusprechen und mich außerhalb der Gegenwart, dieser modischen Unterscheidung zwischen dem Gegenständlichen und dem Ungegenständlichen, zu stellen.« Matisse fand für sich die Synthese, die das Werk seiner letzten Jahre charakterisieren kann: »Abstraktion mit Verwurzelung in der Realität«.


Henri Matisse: Komposition (Samtstoffe), 1947 Gouacheschnitt,
51,5 x 217,5 cm, Basel, Kunstmuseum
In den drei Jahren, die ihm seit der Einweihung der Chapelle du Rosaire noch blieben, arbeitete er absoluter, abstrakter. Es entstanden die großen Papierschnitte, Die Kompositionsform der »Samtstoffe« mit dem Nebeneinander von Rechtecken war schon in »Polynesien - das Meer« angelegt. Das starre Schema des Rasters wird überwunden, indem das Verhältnis von Form und Hintergrund gelockert wird. Auf »Polynesien« brechen die pflanzlichen und tierischen Motive aus ihren Fächern aus, überschreiten die Grenzen und bekunden die Vorherrschaft des Organischen über das Mechanische. Die Trennung der Ebenen von Figur und Grund ist aufgehoben.

Bei der menschlichen Figur bleibt sie länger bestehen, »Zulma« ist wie ein Bild konstruiert und bewahrt noch perspektivische Elemente. Auch die »Blauen Akte«, die sich von einem weißen Papiergrund abheben, beachten sorgfältig die räumliche Position der Gliedmaßen. Sie wirken wie Skulpturen aus einem nicht greifbaren Stoff. Ihre skulpturale Körperlichkeit verbindet sich mit flächig dekorativer Präzision. Sie sind losgelöst von jeglicher Umgebung. Erst nach wochenlangem Erproben fand Matisse die endgültige Lösung. In den Papierschnitten mit pflanzlichen Motiven ist seine Vorstellung des Dekorativen restlos erfüllt.

Matisses letztes Werk, die Rockefeller Rose, zeigt in der starren, stilisierten Komposition die Verkrampfung der Erschöpfung. Er hatte sich am 15. Oktober 1954 die Komposition der Rose für die Kapelle von Frau Nelson Rockefeller auf den Boden legen lassen und arbeitete daran bis zum Augenblick seines Todes. Am 3. November 1954 erlag Matisse einem Herzanfall.

Quelle: Volkmar Essers: Henri Matisse. 1869-1954. Meister der Farbe. (Hrg. Ingo F. Walther). Benedikt Taschen Verlag, Köln, 1989. ISBN 3-8228-0252-2. Seite 78-90

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Reposted on June 28th, 2016

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